- Ein rassiger und rarer Roadster als erster schwedischer Sportwagen
- Erstes europäisches Serienfahrzeug mit Fiberglas-Karosserie
- Wegbereiter für die Sportwagenikone Volvo P1800
Als erster europäischer Roadster mit leichtgewichtiger Fiberglas-Karosserie wurde der Volvo Sport, intern P1900 genannt, Vorreiter für den Sportwagen-Hype mit Kunststoffkleid. Nicht im Rampenlicht eines Automobilsalons, sondern auf dem Flughafen Torslanda in Göteborg feierte der spektakuläre Sportwagen am 2. Juni 1954 seine Weltpremiere. Wenn Nachahmung die höchste Form der Anerkennung ist, dann dürfte der Volvo Sport einer der meist geschätzten automobilen Trendsetter der 1950er Jahre sein. Dabei blieben dem offenen Volvo Sport nur zwei Sommer und 68 Einheiten, um Volvo in der Sportwagenwelt zu etablieren.
Die Startbahn des Flughafens Torslanda in Göteborg bot am 2. Juni 1954 das passende Areal für den Volvo Sport – den ersten schwedischen Sportwagen, mit dem Volvo vor allem außereuropäische Märkte erobern wollte und dessen großer Kühlergrill nach dem Vorbild einer Turbine gestaltet war. Aber auch sonst war der zweisitzige Roadster ein Volvo, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte. Bis dahin war Volvo für robuste Limousinen wie den Volvo PV 444 „Buckel“ als erstes schwedisches Volksauto bekannt. Der Volvo Sport, intern als P1900 bezeichnet, stand mit revolutionärer Fiberglas-Karosserie nun für eine neuartige Leichtbautechnik und den Einstieg in den glamourösen Sportwagenmarkt. Allerdings teilte sich der Volvo Sport die Mechanik und den 1,4-Liter-Motor in einer auf 51 kW (70 PS) leistungsgesteigerten Doppelvergaser-Version mit dem zuverlässigen Volvo PV 444 „Buckel“.
Lieferant der leichtgewichtigen Kunststoff-Karosserie war der kalifornische Bootsbau-Spezialist Glasspar, über dessen innovative Fiberglas-Produktionstechniken sich Volvo CEO und Unternehmensgründer Assar Gabrielsson während einer USA-Reise im Jahr 1953 informiert hatte. Nordamerika war damals weltweit größter Sportwagenmarkt und mit einem spektakulären Roadster schien Volvo alle Voraussetzungen mitzubringen, um auch in Amerika Absatzerfolge zu feiern. Der Vertrag zwischen Volvo und Glasspar beinhaltete deshalb auch die Schulung von Volvo Mitarbeitern in der Produktion von Fiberglas-Karosserien.
In Rekordzeit entwickelt und rasch wieder eingestellt
Glasspar schickte noch 1953 erste Karosserieentwürfe nach Schweden und Volvo entwickelte das dazu passende Chassis als stabile Gitterrohrkonstruktion. Die Basis dafür lieferte der Volvo PV 444, allerdings war der Radstand des Volvo Sport um 20 Zentimeter kürzer als bei der Limousine. Schon Anfang 1954 traf der erste fahrfähige, von Glasspar karossierte Prototyp bei Volvo ein. Allerdings war er noch keineswegs serienreif: die Seitenfenster konnten nicht versenkt werden, statt eines Verdecks gab es nur ein Hardtop, die Türen passten schlecht, das Chassis war zu schwach und der Kunststoff zeigte nach nur wenigen Kilometern Risse. Im Gegensatz zum zuverlässigen Motor, der später auch im Volvo PV 444 angeboten wurde und der den nur 969 Kilogramm wiegenden Roadster auf damals sportliche 170 km/h beschleunigte. Als unsportlich in dem Roadster galt nur das von der Limousine übernommene Dreigang-Getriebe. Erst am Ende seiner Karriere erhielt der Sportwagen alternativ Vier- und sogar neuartige Fünfgang-Getriebe.
Bis zur Presse- und Publikumspräsentation auf dem Flughafen Torslanda wurden insgesamt drei Prototypen fertiggestellt. Zugleich kündigte Volvo die Produktion einer ersten Serie von 300 Sportwagen an, die sämtlich für den Export bestimmt waren. Der Roadster wurde ein nationaler Showstar als Volvo während des Jahres 1954 eine Promotiontour startete und den Sportwagen nicht nur allen schwedischen Volvo Händlern präsentierte, sondern auch auf großen Marktplätzen ausstellte. Den ersten internationalen Messetritt feierte der Volvo Sport auf dem Brüsseler Salon 1955, die Auslieferung von Kundenfahrzeugen begann im Januar 1956.
Wie von Volvo beabsichtigt wurden die aufsehenerregenden Sportwagen vor allem auf neue Exportmärkte nach Nordamerika, Südamerika und Afrika ausgeliefert. Die Stückzahlen waren allerdings so bescheiden, dass der Zweisitzer entgegen der ersten Planung auch auf dem Heimatmarkt angeboten wurde. Insgesamt wurden im Jahr 1956 nur 44 Einheiten des Volvo Sport produziert, vom weiterentwickelten Modelljahr 1957 waren es 23 Einheiten. Da die die Fahrgestellnummer 20 doppelt vergeben wurde, betrug die Gesamtauflage 68 Einheiten. Dann stoppte Volvo die Produktion.
Seiner Zeit zu weit voraus, aber doch ein Trendsetter
Mit dem ersten europäischen Serien-Sportwagen aus glasfaserverstärktem Kunststoff betrat Volvo produktionstechnisches Neuland, wie auch die Resultate ausgiebiger Test- und Erprobungsfahrten durch ganz Europa und Nordafrika mit dem Volvo Sport zeigten. Während die Mechanik überaus zuverlässig war, konnten Karosserie und Chassis nicht dem Volvo Qualitätsstandard genügen. Davon überzeugte sich 1957 auch der neu ernannte Volvo CEO Gunnar Engellau. Die Erfahrungen mit dem ersten schwedischen Roadster ließ Engellau allerdings in ein neues Projekt einfließen. Denn noch im selben Jahr begann die Entwicklung des Sportcoupés Volvo P1800, dessen Fertigung 1961 anlief und der in zwölfjähriger Produktionszeit zur Legende wurde.
Der Volvo Sport setzte zudem bei vielen Sportwagenmanufakturen die Initialzündung für Kleinserien-Modelle mit Fiberglas-Karosserien. Vor allem aber gewann die Marke Volvo mit dem ersten Roadster und seiner auch im Volvo PV 444 „Buckel“ angebotenen zuverlässigen und langlebigen Antriebstechnik in Nordamerika allgemeine Bekanntheit und ein sportliches Image.